Digitalisierung für Einsteiger: Episode 2 – Drei Gründe gegen Social Media
Im ersten Teil der Serie „Digitalisierung für Einsteiger“ wurde der – hoffentlich erfolgreiche – Versuch unternommen, einige generelle Missverständnisse im Umgang mit den Entwicklungen der Digitalisierung auszuräumen. Der Artikel endete mit dem Hinweis, dass jedes Unternehmen eine individuelle Lösung benötigt, sich mittels der „digitalen Wege“ seiner spezifischen Zielgruppe anzunähern. Ein wichtiger Ansatz für diese Kontaktaufnahme mit den Stakeholdern stellt die Nutzung ausgewählter Social Media Plattformen dar. Diese stehen bereits online, sind oftmals auch für Unternehmen ohne Entgelt nutzbar und können zudem mit Millionen von aktiven Anwendern punkten. Eine tolle Sache, oder?
Wer mit dieser Euphorie sein Unternehmen mit auf diesen Weg nehmen möchte, wird schnell auf viele Gründe treffen, wieso Social Media besser (erst einmal) alle anderen machen sollen. Drei dieser Vorbehalte-„Klassiker“ sind im Folgende aufgeführt, inkl. einiger Hinweise, wie sich die subjektive Aversion hinter der objektiven Argumentation entblößen lässt:
Die Bedienung von Social Media Plattformen ist schwierig!
Gerne wird der eingehaltene Abstand zu Social Media Plattformen in Unternehmen damit begründet, dass die für deren Anwendung nötige Kompetenz nicht vorhanden seien. In uneingeweihten Kreisen mag man sich damit wechselseitig die Ablehnung dieser neuen Plattformen schönreden können, bei genauerer Betrachtung wird diese These jedoch schwierig.
Es genügt doch eigentlich ein Blick auf „prominente“ Anwender verschiedener Social Plattformen: bspw. die YouTube „Stars“, also Menschen die ein Einkommen damit erzielen, frei von Ironie und Anspruch, latent debil kichernd, Kosmetikprodukte oder Primark-Artikel vor der Webcam zu präsentieren. Oder die Facebook-Knallköpfe, welche die Kommentarspalten diverser Zeitschriften für die Verbreitung der absurdesten Verschwörungstheorien mittels bemitleidenswertem Sprachgebrauch nützen.
Die geläufigen Social Media Plattformen sind also technisch derartig gestaltet, dass auch ein eher rudimentärer Intellekt keine unüberwindbare Eintrittsbarriere darstellt. Wenn dann gestandene Ingenieure, Vertriebsexperten oder Führungskräfte damit argumentieren, dass ihnen im Gegensatz zu den genannten Kandidaten die Fähigkeit zur Beteiligung fehlt, hilft es leider nur noch Bernd Stromberg zu zitieren: „Kann nicht!“ wohnt gerne in der „will nicht!“-Straße. Womit das Thema viel mehr zu einer Führungsaufgabe wird, als zu einer rein technischen Herausforderung.
Mit der Nutzung von Social Media provozieren wir einen Shitstorm!
Seitdem sich diese wunderbar deutliche englische Wortbildung etabliert hat, ist der „Fäkaliensturm“ zum Inbegriff der Angst vor dem „Social“ in Social Media geworden, bzw. der deutschen Angst. Denn im (tatsächlich) englischsprachigen Raum ist dieser Begriff überhaupt nicht bekannt. Als Musterbeispiel dafür wird oftmals der Werbespot eines deutschen Finanzinstituts herangezogen, in welchem Basketballstar Dirk Nowitzki – ohne Rücksicht auf die sensiblen Befindlichkeiten des Publikums – schamlos eine Scheibe Wurst verzehrt. Nachdem konfliktbereite Veganer und Vegetarier in voller Battailonsstärke im Kommentarbereich der Facebook-Seite der betroffenen Bank aufmarschierten, gilt der Vorfall als Archetypus für die Gefahr, mit einer vermeintlich harmlosen Handlung eine nicht kontrollierbare negative Replik zu provozieren.
Solche Reaktionen lassen sich im Netz natürlich nie ausschließen. Jedoch dürfen bzw. müssen sich die meisten Unternehmen, welche soziale Medien für ihre Zwecke nutzen mit dem Gedanken abfinden, dass die eigene Präsenz zunächst einmal überhaupt nicht die Relevanz besitzt, welche der gemeine Shitstorm-Provokateur für seine Selbstdarstellungs-Zwecke benötigt. Und sollten sie doch in den Genuss einer entsprechenden Entwicklung kommen, gilt die alte Maxime: „Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit“. Und damit die Chance, durch eine aktives Nutzen der entstandenen Aufmerksamkeit auch positiv gestimmte Interessenten anzuziehen.
Social Media kostet Geld!
Dieses Argument ist natürlich zunächst einmal völlig richtig. Social Media kostet Geld. Zwar nicht unbedingt für die reine Präsenz der Unternehmung, aber für Mitarbeiterstunden, Beratung, Werbebudgets, etc. Aber auch ein Messestand, bei dem dann 90 % der Besucher nur für Kaffee und Kekse verweilen, kostet Geld. Ein umfangreicher Prospekt, welcher die größte Resonanz beim Kunden bei seinem Einschlag in den Papierkorb auslöst, kostet Geld. Oder Akquise-Fahrten, von denen der Vertriebsmitarbeiter nicht mehr mitbringt, als die Kalorien aus der lokalen McDonalds Filiale. Nur werden all diese Fehlschläge unter der alten Marketing-Weisheit von Henry Ford „Fünfzig Prozent bei der Werbung sind immer rausgeworfen. Man weiß aber nicht, welche Hälfte das ist.“ als Teil des Spiels akzeptiert.
Interessanterweise wird dann aber oftmals die Erwartungshaltung aufrecht erhalten, dass jedem Tweet, jedem Facebook Posting und jedem Instagram-Foto doch bitteschön direkt ein Umsatzplus entgegenstehen sollte. Wo bleiben die akzeptierten, vergeblichen 50 % für die Social Kanäle?
Dies soll übrigens nicht bedeuten, dass eine Messung des Nutzens von Social Media Aktivitäten nicht möglich wäre. Im Gegenteil – die Menge und „Greifbarkeit“ der Daten bietet hier Möglichkeiten, welche klassischen Marketing-Kanälen verwehrt bleibt. Aber dies ist einmal mehr genug Stoff für ein ganz neues Kapitel.
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