Diversity matters!? Leadership does!

Wie sich Gender Diversity im Unternehmenserfolg auszahlt und welcher Weg zur Geschlechtergerechtigkeit im Management noch vor uns liegt, belegt die Unternehmensberatung McKinsey 10 Jahre nach „Women Matter“ in der Folgestudie „Time to accelerate“ (2017): Dass „die Reduzierung des ‚Gender Gaps‘ in Zeiten von stagnierendem Wachstum und Fachkräftemangel nicht nur gerecht wäre, sondern auch das weltweite BIP bis 2025 um 12 Billionen Dollar steigern würde“ (mckinsey.com), zeigt die ökonomische Relevanz des Phänomens. Die gesellschaftliche Debatte um Diversity geht darüber noch hinaus: Die 2006 auf Initiative der Europäischen Kommission gegründete „Charta der Vielfalt“ argumentiert ganzheitlich für ein wertschätzendes Miteinander in der Arbeitswelt jenseits der – nahezu unveränderbaren – Kerndimensionen Alter, Behinderung, Ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion und sexuelle Orientierung. Der anfangs im Fokus stehende Nicht-Diskriminierungs-, Fairness- und Partzipationsansatz insbesondere der Gender-Diversity wird heute nutzenorientiert vermittelt als Vorteil im Wettbewerb um Arbeitskräfte, Marktanteile, Kunden und Ideen.

Diversity als Innovationsbooster

Der Zusammenhang von Diversity und Innovation scheint offensichtlich, wissen wir doch um die Vorteile gemischter Teams in Sachen Kreativität, Produktivität und Originalität. Andererseits sind uns auch die Stressfaktoren, Widerstände und Hemmnisse der Zusammenarbeit unterschiedlicher Typen oder unbekannter Personen und Perspektiven aus Sozialpsychologie und unserem alltäglichen Handeln bekannt: Diversität ist kein Selbstläufer und kein Idealziel jeder sozialen Situation. Für komplexe Problemlösungen, bei Themen mit vielen Unbekannten und übergreifenden Wirkungshorizonten – i.e. allen Fragen unternehmerischer Innovation – sind heterogene Teams, die sich ihrer Rollen bewusst sind und über ausreichende strukturelle und zeitliche Ressourcen verfügen zumindest langfristig erfolgreicher. Homogene Teams jedoch, das muss ebenfalls konzediert werden, agieren bei fachlich sehr konkreten oder standardisierten Prozessen reibungsfreier, schneller und effektiver. Die Mischung macht es – und die Mischung macht auch einen Unterschied in der Offenheit, Entwicklungsfähigkeit und Anschlussfähigkeit einer Organisation.

Diversity braucht Führung – Führung braucht Diversity

Über Vielfalt muss im Grunde nicht mehr entschieden werden. Sie ist bereits Realität: in einer multikulturellen Arbeitswelt, in der Pluralität geschlechts- und generationenübergreifender Lebensentwürfe, als Inklusionsgebot, der allmählichen Entgrenzung formaler und nicht formaler Bildung etc.. Die Entscheidung fokussiert daher nicht auf Diversität an sich, sondern auf die Frage, welcher Modus an welcher Stelle, in welcher Mischung oder Intensität situationsspezifisch zu entwickeln ist. Das bedeutet nicht nur eine methodische, sondern vor allem auch eine persönliche Herausforderung für Führungskräfte, die damit die Zahl der „Unbekannten“ im Spiel bewusst erhöhen und dafür einer enormen Empathie nach außen und Widerstandsfähigkeit nach innen bedürfen. Selbst an Diversitätskriterien orientierte Führungsteams sind kompetenter in der Gestaltung diverser Strategien und Teams. Umgekehrt gilt aber auch: Der Erfolg eines „Mixed Leaderships“ ist kein Selbstläufer, sondern setzt eine innovative Grundausrichtung und eine auf Vielfalt hin orientierte Unternehmenskultur voraus (Kröll et al. 2014).

Rahmen, Impuls und Prozess = Diversity-Management

Vielleicht konnte auch deshalb noch nicht umfassend geklärt werden, ob und wie Diversity zum Unternehmenserfolg beiträgt, weil das Thema zwischen moralischem Anspruch und ökonomischem Nutzenargument keinen eindeutigen Platz (als Ziel? Mittel? Anspruch?) auf der strategischen Agenda gefunden hat. Ein ganzheitliches Diversity-Management wirkt durch eine organisationsspezifische Kennzeichnung, Priorisierung und Kommunikation. Die Frage nach dem „Wozu“ wird normativ beantwortet, das „Wohin“ strategisch dimensioniert und das „Was“ und „Wie“ operativ ausgehandelt, trainiert und gemeinschaftlich erprobt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Diversity-Management (veränd. nach McKinsey (2017). Women Matter. Time to accelerate.)

Öffnung und Ausblick: lernende Organisation

Im Kontext der allgegenwärtigen Transformations- und Innovationsdebatte einer digitalen Arbeitswelt 4.0 und einer auf selbst organisierte Teams ausgerichtete „agilen“ Führung und Organisation, bekommt das Thema „Diversität“ eine neue Prominenz. Das aktive „Handling“ der Vielfalt zeugt – so scheint es – von einem (selbst-)bewussten Umgang mit der internen und externen Komplexität. Tatsächlich mindert die Bejahung und gezielte Nutzung des Diversitätsprinzips Unsicherheit gegenüber Anders- oder Neuartigkeit sowohl seitens der Führungskräfte als auch bei den MitarbeiterInnen und erhöht mittel- und langfristig deren Zugehörigkeit, Commitment und Engagement. Die zunehmende Flexibilisierung und Enthierarchisierung, die Etablierung dauerhafter Lernprozesse und die Verteilung von Führung im Team zahlt auf das Prinzip der Diversity ein und umgekehrt. Das neue Terrain erfordert aber auch eine neue mentale und instrumentelle Ausrüstung, vor allem durch ein strategisches HR-Management und eine neue Leadershipkultur. Diversity matters – im Kontext einer klugen Führung und strategischen Weiterentwicklung der Organisation.

Anja Ebert-Steinhübel
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