Kommunikation begreifbar gemacht

Man kann nicht nicht kommunizieren, aber man kann beim Kommunizieren vieles richtig oder auch falsch machen. Dabei reicht Kommunikation im Unternehmen vom Geschäftsbericht bis zur Körpersprache der Mitarbeiter, vom Management-Meeting bis zum Twitter Account. Kommunikation verbindet Wirtschaft und Psychologie, Menschen und Organisationen, Verbales und Nonverbales.

Stopp – nicht gleich aufhören zu lesen, wenn Sie gleich merken, dass es nicht um weitere Tipps zu einer mittlerweile ganz gut etablierten und tauglichen Methode geht. Darf man sich einen Begriff einfach ausleihen? Und dann noch anders verwenden? Wenn es dem besseren Begreifen dient, ist das doch wohl erlaubt. Vor allem dann, wenn wir in der Beschreibung und systematischen Erforschung von Kommunikation gerade deutlich mehr haben als ein rein sprachliches Problem. Open Space meint die Auflösung, Neuformierung und Neuerfindung des sozialen Raums im Dauermodus. Kommunikationskonzepte, die von Eindeutigkeit, Begrenztheit und Kontrollierbarkeit ausgehen, gehören daher in die Mottenkiste einer so bestimmt auch nie da gewesenen Vergangenheit.

Im Dschungel der Infosphäre

Schuld ist vermutlich das Internet: der Dschungel zeit- und raumübergreifender, gleichzeitig und widersprüchlich auftretender Information. Digitalität im Sinne einer offenen, dynamischen, virtuell und analog sich gestaltenden Welterfahrung sprengt die Grenzen unserer Wahrnehmungs- und Verarbeitungskapazität. Diese Beschränktheit ist jedoch nicht neu: Auch in früheren Zeiten, als die Regale des Weltwissens noch überschaubarer gefüllt oder – wie es David Weinberger in seinem aktuellen Buch formuliert – vielleicht auch einfach nur zu knapp geschreinert waren, hinkten wir in unserem individuellen Verständnis dem verfügbaren Wissenspotenzial stets hinterher. Die wirkliche Revolution liegt daher auch nicht in der quantitativen und qualitativen Wissensexplosion, sondern in der neuen Logik des in und durch soziales Wissen offen gestalteten, mit unserem individuellen Wissen nicht mehr zugänglichen Raums für Kommunikation.

Die vierte Revolution der Kommunikation

Die Infosphäre zeigt in ihrer zur Schau getragenen Unbegrenztheit unsere eigenen intellektuellen Schranken deutlich auf. Das bezeichnet der Philosoph Luciano Floridi als 4. Revolution der menschlichen Identität: Kopernikus verwies uns auf unsere physikalische Begrenztheit, Darwin auf den Boden biologischer bzw. genetischer Tatsachen, Freud auf die psychologischen Grenzen bewusster Existenz. Der von uns selbst geschaffene Inforaum schließlich degradiert uns vom Architekten bestenfalls zum Meisterschüler, der auf seiner Reise durch die Welt als „Inforg“ Richtung, Ziel und Sinn immer wieder neu erleben, aushandeln und für sich begreifbar machen muss.

Das Glück in der Nische

Ziel der Reise: unbekannt? Das große Ganze aus den Augen verlierend, finden und produzieren moderne Welteroberer ihr Glück in der Nische. Für den sozialen Zusammenhalt ist dies jedoch fatal. Wo gemeinschaftlicher, regelbasierter Diskurs ausbleibt, resultiert Verfall, bleiben Fragmente einer öffentlichen Meinung, die immer nur Teil, niemals jedoch konsentierte Gesamtheit für sich beanspruchen kann. Bei gleichzeitiger Öffnung der Zugänge wird der Prozess der öffentlich posaunten Statements immer lauter und chaotischer. Im open space digitalisierter Kommunikation werden Dialog und Meinungsbildung durch die Dynamik des „allgemeinen Hechelns“ (Geyer/FAZ) und der „großen Gereiztheit“ (Pörksen) ersetzt.

Wanted: Neuerfindung der Kommunikation(swissenschaft)

Ganz gleich, wie kritisch der Tenor ist: der philosophische Blick auf die Verschiebung, Entgrenzung und Auflösung des kommunikativen Feldes und seiner Akteure wirft drängende Fragen auf. Bisher konnten sich die Kommunikationsexperten in Wissenschaft und Praxis noch ganz gut auf ihre bewährten Muster, Modelle und Instrumente verlassen. Mit dem Adjektiv „digital“ versehen, wurden zumindest einige Erscheinungsformen der sich verändernden privaten und beruflichen Kommunikation benannt. Eine Kommunikation jedoch, die die digitale Transformation nicht nur erklärt, begreift und gestaltbar macht, muss sich selbst in ihrer transformierten Version erst einmal erkennen und reformieren. Neue Begriffe braucht das Land, um das neue Zusammenspiel, die neuen Regeln und das neue Spielfeld zwischen Sendern und Empfängern bzw. „Producern“, zwischen Medien und Kanälen bzw. cross-medial und multi-modal, im Spannungsfeld als technologische, psychologische und vor allem soziale und ethische Herausforderung zu verstehen.

Alle reden von Digitalisierung, wer aber spricht noch über Kommunikation? Die substantielle Keimzelle des Digital Turns gerät auf den Agenden der sozialen und organisationalen Diskussion zusehends in den Hintergrund als – immer schwächer lodernder – Dauerbrenner im Maßnahmenpaket des (Digital) (Corporate) Change.

Analoge versus digitale Kommunikation – was macht den Unterschied?

Kommunikationsprozesse im privaten wie im öffentlichen Bereich sind immer ein Spiegel ihrer Zeit. Das gilt nicht (nur), weil „das Medium die Message“ maßgeblich prägt (McLuhan 1964), sondern (vor allem) auch, weil die Neudimensionierung unserer Informations- und Interaktionsreichweite das soziale Gefüge zwischen Sender und Empfänger massiv verändert. Aktuell befinden wir uns in einer Art „Entgrenzung“ zwischen „Öffentlichkeit“ und „Privatheit“, zwischen „Produzenten“ und „Konsumenten“ etc.. Die digitale Transzendenz des Analogen ist bei weitem mehr als eine technologische Innovation: „Die digitale, überall und gleichzeitig auf unterschiedlichsten Kanälen medial vermittelte Kommunikation markiert –nach der Erfindung der Schrift, des Buchdrucks und der Entstehung der Massenmedien –die vierte kommunikative Revolution:Digitalisierung schafft nicht nur Raum für Neues, sondern verändert das Alte zugleich unumkehrbar mit.“ (Ebert-Steinhübel 2014)

Nur der Himmel über einer grenzenlosen Kommunikation?

Die Chancen stehen gut, Zugänge zu Information und Wissen quasi schrankenlos zu gestalten und damit über demokratische Teilhabe hinaus eine bessere, im globalen Diskurs sich verständigende Gesellschaft zu entwickeln. Dass dies zumindest nicht gleich und ohne stützende Intervention geschieht, zeigen die alltägliche Erfahrung im Umgang mit der Smartphone-Generation, die mühsamen Prozesse in der Digitalisierung schulischer, beruflicher und akademischer Ausbildung o.ä.. Die Kehrseite einer potenziell grenzenlosen Kommunikation ist ihre Wirkungslosigkeit im Dauerrausch der nicht mehr auf ihre konkrete Relevanz hin selektierte Information. Wenn spätestens die Digital Natives „keinen fundamentalen Unterschied (mehr) erkennen zwischen der Infosphäre und der materiellen Welt“ (Floridi 2015), wird die Entscheidung zwischen analogem und digitalem Handeln obsolet. Bevor wir die Brücke (ganz) überqueren, sollten wir unsere Kommunikationsmittel dringend neu bestücken, um die Art und das Ausmaß der Transformation auch kommunizieren zu können.

Kommunikation als Leitwissenschaft!

Vielleicht gelingt ja beides: die Nutzung der neuen Möglichkeiten in der Kommunikation und die gleichzeitige Verortung nach individuellen oder institutionellen Relevanzkriterien auf Zeit. Vielleicht transzendieren wir als Species auch irgendwann unsere materiellen Raum-Zeit-Kategorien durch die Integration menschlicher und künstlicher Intelligenz. Wir wissen es noch nicht. Was wir aber wissen, ist, dass diese Entscheidungen Kompetenz, Verantwortung und vor allem ein möglichst breit geteiltes Wissen benötigen. Das ist eine Frage der Ethik und der Qualität des politischen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurses, i.e. der sozialen Kommunikation. Der Appell an die Kommunikationswissenschaft ist daher eindeutig: Füllt die Leerstelle eines für die globalisierte und digitalisierte Weltgesellschaft passenden Kommunikationsmodells. Transformation gelingt nicht ohne Kommunikation. Kommunikation ist die „Leitenergie“ (Mast 2000) für neues Denken und Handeln und stellt zugleich die Begriffe und Logiken bereit, die für eine neue Orientierung, Einordnung und Gestaltung erforderlich sind.

Integrated Reporting

Das Berichtswesen – sowohl an interne wie auch an externe Adressaten – ist traditionell durch einen stark ökonomischen Fokus geprägt. Noch immer setzen viele Unternehmen primär auf zahlenbasierte Berichte, die den Empfänger über wesentliche finanzielle Messgrößen informieren. Aus gutem Grund, entspricht dies doch sowohl den rechtlichen Erfordernissen als auch den betrieblichen Gepflogenheiten. Jedoch hat sich das Anforderungsspektrum an das Berichtswesen, sowohl hinsichtlich der potenziellen Adressaten als auch deren jeweiligen Informationsbedarfen, in den vergangenen Jahren signifikant gewandelt. Dies ist dadurch zu begründen, dass relevante und erfolgskritische Stakeholder Unternehmen nicht nur nach rein ökonomischen Kriterien bewerten:

  • Kunden möchten Produkte kaufen, die unter hohen ökologischen und sozialen Standards produziert werden. 
  • Andere Unternehmen definieren klare Compliance-Anforderungen an Lieferanten oder Kooperationspartner.
  • Potenzielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter achten verstärkt auf die Corporate Social Responsibility (CSR) ihres zukünftigen Arbeitgebers. 
  • Behörden, Verbände und Non-Profit-Organisationen setzen neue Regelungen und Standards.

Unternehmen sollten diese Veränderungen nicht als Risiko betrachten, welches mit möglichst minimalen Aufwand reduziert werden muss. Der Fokus ihrer Stakeholder auf die sozialen und ökologischen Auswirkungen ihres unternehmerischen Handelns bietet ihnen die Chance, sich wirksam von Ihren Wettbewerbern zu differenzieren:

  • Durch Produkte, deren Qualität nicht nur in der Qualität ihrer Beschaffenheit, sondern auch der Qualität des Herstellungsprozesses auszumachen ist.
  • Durch ein Netzwerk aus Lieferanten und Partnern, welche die Vorstellung des Unternehmens an ein sozial und ökologisch verträgliches Handeln teilen.
  • Durch eine starke Arbeitgebermarke, die interessante Talente anzieht und Leistungsträger dauerhaft bindet.

 

Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil

Wer die neuen Anforderungen von Kunden, Partnern und Gesellschaft also nicht als leidige Bringschuld betrachtet, sondern darin Potenziale erkennt, um Wettbewerbsvorteile anderer Marktbegleiter wie Marke, Qualität oder Preis zu kompensieren oder sogar zu übertrumpfen, kann hier durch die richtige strategische Positionierung im Bereich der Nachhaltigkeit auch ökonomisch nachhaltig erfolgreich sein.

Um derartige strategische Potenziale zu realisieren, sind zwei grundlegende Zielsetzungen zu erreichen:

  • Die Zielsetzungen in der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit müssen in die Unternehmensteuerung integriert werden.
  • Der Status der Zielerreichung muss an interne und externe Adressaten kommuniziert werden.

Beide Erfolgsfaktoren sind zwingend miteinander verknüpft: Wer nachhaltiges Handeln kommunizieren will, aber sein Unternehmen nicht tatsächlich darauf ausrichtet, betreibt Fassadendekoration. Nachhaltig und sozial verantwortlich zu handeln, es aber niemanden zu erzählen, ist hingegen zwar nobel, für die Positionierung des Unternehmens aber nur bedingt hilfreich.

 

Separate Nachhaltigkeitsberichte greifen zu kurz

Ein oftmals praktizierter Lösungsansatz zur Bewältigung dieser neuen Anforderungen an das Berichtswesen liegt in der Etablierung separater Nachhaltigkeits- oder CSR-Berichte. Dies bringen jedoch zwei Problemstellungen mit sich:

  • Aus externer Perspektive werden diese, durch ihre vom etablierten, ökonomisch orientierten Berichtswesen losgelöste Umsetzung, oftmals als Versuch des „Windowdressing“ und „Greenwashing“ auf Hochglanzpapier betrachtet. 
  • Aber auch aus die interne Aktivierungs- und Steuerungsfunktion ist nicht gegeben, da ökologische und soziale Zielsetzungen, die nur in extern orientierten Berichten diskutiert werden, nicht in den internen Steuerungsinstrumenten berücksichtigt sind und somit auch in den Aktivitäten der Unternehmung nicht umgesetzt werden.

Um die Wechselwirkungen im Spannungsfeld Ökonomie, Gesellschaft und Ökologie dauerhaft in der Führung und Steuerung zu berücksichtigen und zu steuern, liegt ein etablierter Ansatz darin, die Trennung zwischen klassischen Berichten und CSR-orientierten Informationsmedien aufzuheben. Man spricht hierbei von einem Integrated Reporting. Die Zielsetzung des Integrated Reporting liegt in einem ganzheitlich ausgerichtetem Planungs-, Kontroll- und Informationssystem, das Aspekte der Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft nicht nur als gleichwertige Bestandteile betrachtet, sondern auch in ihren Zusammenhängen darstellt und berücksichtigt.

Hierbei ist anzumerken, dass die Frage eines Integrated Reporting zunehmend immer weniger eine freiwillige Entscheidung darstellt, sondern ausgehend von Initiativen wie dem International Integrated Reporting Council (IIRC) oder der Global Reporting Initiative seinen Weg in verbindliche Anforderungen an das externe Berichtswesen findet.

 

Ein Integrated Reporting schafft interne Verbindlichkeit und externe Authentizität

Wichtig ist hierbei, dass das Integrated Reporting als Teil des Informationsprozesses und -systems zwar primär die Definition von Kennzahlen und Indikatoren integriert, welche zeitnahe und steuerungsrelevante Information über die ökonomische, ökologische und soziale Zielerreichung ermöglichen. Jede kommunizierte Veränderung erfordert jedoch eine vorhergehende Zieldefinition und Planung, resultierend in klaren Verantwortlichkeiten und operativen Aktivitäten. Dies ist eine unumgängliche Voraussetzung dafür, wirklich steuerungsrelevante Messgrößen definieren zu können. Ein Integrated Reporting kann nur dann den Stakeholdern einen Wandel in den normativen, strategischen und operativen Zielen und Messgrößen des Unternehmens kommunizieren, wenn diesen wirklich ein Wandel in der Unternehmensführung und -steuerung vorhergeht.

„Nachhaltiges Handeln — nachhaltig kommuniziert!“ wird somit zur essenziellen Grundlage, um sich in den Märkten der Zukunft erfolgreich zu positionieren und neue Potenziale wirksam zu realisieren.

 

Was macht den Unterschied zwischen aktuellem Erfolg und dauerhafter Performance? Was steht zwischen erfassten Informationen und erfahrbarem Wert? Damit aus Zahlen Taten werden – oder: damit Controlling tatsächlich wirkt – braucht es vor allem eine aktive, systematische und nachhaltige Kommunikation. Gutes Controlling entspricht den aktuellen Standards der Profession. Erfolgreiches Controlling erhöht den Unternehmenswert. Wirksames Controlling führt darüber hinaus zu einer selbst lernenden und lernfähigen Organisation. Zurückgeführt auf die Basisaufgabe der Vermittlung entscheidungsrelevanter Information – zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort, für die richtigen Empfänger und in der für sie richtigen Form – wird daher Kommunikationsfähigkeit im Controlling zur elementaren Schlüsselqualifikation.

„Kommunikation“ als Schlüsselqualifikation

Soweit, so klar und so abstrakt zugleich. Denn beim näheren Betrachten zeigen sich die Fallstricke dieser sozialen Neudimensionierung der Controlling-Kompetenz: Wenn nicht mehr die nüchterne Darstellung, sondern vielmehr die überzeugende Vermittlung von Inhalten und Themen im Vordergrund steht, kann die bislang beanspruchte Neutralität und Objektivität der Controlling-Funktion nicht mehr aufrecht erhalten werden. Erforderlich ist vielmehr ein neues, innovativeres Selbstverständnis und Rollenprofil des Controllers und des Controllings als Reflexions- und Analysebasis für die operative Steuerung und strategische Entwicklung der Organisation. Aus der funktionalen Verantwortung für die „Zahlen“ wird eine integrierte Verantwortung für Resultate und Wirkungen, die über die Auswahl von Informationen über die Interpretation von Relevanz in die Gestaltung von Entwicklungsprozessen führt.  Controlling als Informationsplattform setzt ein profundes Wissen und Können und gemeinsame Standards der Kommunikation bei „Anbietern“ und „Nutzern“ voraus.

Der EVA des Controllings: Handlungs- und Reflexionsfähigkeit in der Organisation

Controller´s EVA ist derjenige Mehrwert, den die im Controlling vermittelten Informationen im Denken und Handeln der verantwortlichen Entscheider erbringen. Controlling wirkungsvoll neu zu dimensionieren, bedeutet daher, Controllingaufgaben und –entscheidungen konsequent von den Empfängern (= Nutzer) her zu denken. Controller werden darin zu Verkäufern ihrer eigenen Aktivität. Das klingt negativer als es tatsächlich ist: Denn es geht im Grunde um die – längst fällige – Strukturierung, Systematisierung und Professionalisierung der Controlling-Kommunikation als ziel- und ergebnisorientierten Prozess. Die in unterschiedlichen Situationen und Organisationen je unterschiedlich zu beantwortende Basisfrage „who says what to whom in which channel with which effect“ benennt die Wirk- und Erfolgsfaktoren, die dabei zu klären und zu entscheiden sind. Wirkungsorientiertes Reporting nutzt diese bereits in der Vorbereitung auf unterschiedliche Zielgruppen und Zielsetzungen, für die das Controlling Informationsdienstleister in unterschiedlichen Formaten und Bedeutungsdimensionen ist.

Agenda Setting für eine sich verändernde Welt

Wirksames Controlling setzt beides voraus: die Orientierung an unterschiedlichen Empfängern durch eine professionelle und differenzierte Kommunikation und die Entwicklung einer organisationalen Lernkultur, in der das Controlling seine Position und Bedeutung immer wieder neu reflektiert. Wissen ist in unserer immer schneller sich verändernden Welt immer nur ein spezifischer Wert auf Zeit. Nicht ein Mehr an Informationen und Wissen ist daher die Zielgröße einer im besten Controlling-Sinne lernenden Organisation, sondern die Fähigkeit zur Wissensgenerierung, Orientierung und Verständigung. Die Überschriften hierzu liefern die Führungskräfte und eine perspektivisch agierende Unternehmensstrategie. Die Übersetzung in die Organisation, das „Agenda Setting“ gelingt durch ein Controlling, das den Ball aufnimmt und mittels fundierter Analysen, Begründungen und Szenarien über die Bande an die handelnden Personen weiter spielt.

Vorurteile

Hilfe in Sicht: Forscher finden eine Impfung gegen Vorurteile … Im letzten Blogbeitrag zu den netten „Kästchen“ in unseren Köpfen – neudeutsch: „Schemata“, „Frames“, „Taggings“ oder „Scripts“ – habe ich darauf hingewiesen, dass es vorrangig nicht darum geht, diese komplett aufzugeben (was auch hirntechnisch bzw. neuropsychologisch nicht vorgesehen ist), sondern vielmehr darum, sie von Zeit zu Zeit (genauso wie die häuslichen Socken-, Foto-, Gewürz- und andere Schubladen) frisch zu ölen, auszumisten, neu zu sortieren etc..
Wie gefährlich nämlich Fehlsortierungen oder Sperrungen – weniger im Küchenschrank denn in sozialen Beziehungen und vor allem auch für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit sein können, beschreibt der Wissenschaftsjournalist Ed Young in der Zeitschrift Gehirn und Geist (10/2014): Stereotype Annahmen und Erwartungen über das Verhalten sozialer Gruppen können bei diesen massive Ängste und Bedrohungen auslösen („stereotype threat“), was über sich selbst erfüllende Prophezeiungen zu entsprechenden Verhaltensanpassungen führt: Wenn mich alle für einen Versager halten, werde ich dies über kurz oder lang vermutlich auch sein.

Der Rosenthal-Effekt

Bekannt ist dieser Mechanismus auch als Rosenthal-Effekt, bei dem die als besonders intelligent und engagiert bezeichneten Schüler überdurchschnittliche Leistungen erzielen, wohingegen die als faul und unfähig etikettierte Gruppe entsprechend schlechter – in der Wahrnehmung der Lehrpersonen ebenso wie in den Prüfungsergebnissen – abschneiden. Vor allem dann, wenn die Probanden selbst darauf hingewiesen werden, einer spezifischen Kategorie anzugehören („social tagging“), also beispielsweise vor einer Prüfung Geschlecht, Alter oder Hautfarbe ankreuzen oder benennen müssen, passen sie ihr individuelles Verhalten der vermeintlichen Leistungserwartung dem Klischee entsprechend an.
Neu ist diese Erkenntnis also nicht. Spannend sind aber die Forschungsergebnisse der jüngsten Vergangenheit, die nicht nur differenzieren, in welchen Fällen und bei welchen Persönlichkeits- und Verhaltensmustern die Konditionierung durch bedrohliche (oder auch unterstützende) Stereotype wirkt, sondern vor allem auch, wie sich dieser Teufelskreis durchbrechen lässt: Gegen das vermeintliche „typische“ Verhalten von weiblichen/männlichen, gebildeten/ungebildeten, jungen/alten, Minder-/ Mehrheits-Gruppenangehörigen kann eine Art mentaler Impfstoff verabreicht werden: Die Impfung gegen negative Erwartungen gelingt durch das Gegengift positiver Einstellungen, die das Selbstbewusstsein in Bezug auf die spezifische Situation stärken und damit gegenüber Vorurteilen seitens anderer resistent machen.

 

Stärkenorientierung gegen Vorurteile

Viele Inklusionsspezialisten betreiben bereits eine Impfung gegen Vorurteile, wenn sie unterstellten Defiziten mit einem stärkenorientierte Verhalten begegnen. Vom gesellschaftspolitischen, didaktischen und ökonomischen Ansatz abgesehen ist der Mechanismus jedoch vor allem für unsere ganz persönliche Entwicklung relevant: Die gedankliche Übung, eigene Werte und Wichtigkeiten für sich zu notieren und zu reklamieren, um schließlich mit anderen darüber zu kommunizieren, ist ein wesentlicher Beitrag für ganz praktischen wertschätzenden Umgang mit anderen und uns selbst. Wieder geht es nicht darum, Unterschiede zu nivellieren, sondern zu akzeptieren und die Kästchen weit zu öffnen, die als Vorurteile unsere Sicht einengen und versperren.

Führung und Kommunikation

Die Personalszene hat wieder ein neues Thema: dass nämlich die Gen Y gar nicht existiert – oder zumindest nicht in der Reinheit und Ausgeprägtheit, wie sie vielfach beschrieben, herbei zitiert und als wichtigste strategische Herausforderung oder auch als Schreckensszenario für die Unternehmen bedeutet wurde. Also wieder alles auf Anfang? Nein, denn die Diskussion zeigt, dass gerade die Etikettierung des Denkens und Verhaltens kompletter sozialer Gruppen notwendigerweise klischeebehaftet und vor allem undifferenziert sowie höchst fehlerhaft sind: Nicht jeder der heute zwischen 20- und 30-Jährigen ist so „selbstbewusst, anspruchsvoll, auf der Suche nach Sinn statt Status“ (DIE ZEIT 11/13) oder auch so „lazy, narcissistic and prone to jump from job to job” (www.livescience.de), dass er permanent etablierte Strukturen in Frage stellt und – stets im Blick auf die eigene Work-Life-Balance –persönliche Zuwendung, individuelle Unterstützung und maßgeschneiderte Angebote für sich reklamiert.

 

Revolution statt Evolution

Die Binsenweisheit, dass jede Jugendgeneration sich von ihren Vorgängern abzugrenzen und zu unterscheiden versucht und dabei nicht immer von den Älteren so ganz verstanden werden muss, gilt auch hier. Allerdings verweist das unterstellte Stereotyp auf einen gesellschaftsweiten Trend, der tatsächlich einen Unterschied macht, und zwar für alle Generationen im privaten wie im beruflichen Umfeld: Die Digitalisierung bedeutet eben keine Evolution, sondern eine Revolution der sozialen Kommunikation, die als globaler Veränderungsimpuls auf alle gesellschaftlichen Lebensbereiche trifft und gleichzeitig durch soziale Gegenbewegungen und neue Normen kollektiver Verständigung adaptiert und verändert wird.

 

Individuelle Führung und Kommunikation

Zurück zu den Kästchen: Welchen Nutzen haben diese in einer Zeit, in der basierend auf einem technologischen anything goes auch in sozialen Systemen neue Muster und Grenzverflüssigungen zum Normalfall werden und damit bestehende Typisierungen und Zuordnungen (wie jemand oder etwas zu sein hat) durcheinanderwirbeln. Die Kästchen werden also neu sortiert und komplex ineinander gestapelt. Genau darin könnte tatsächlich ein Unterschied der Generationen liegen: in der Bereitschaft und Fähigkeit, dieses nicht nur zu akzeptieren, sondern herauszufordern und damit eine immer größere Vielfalt an Chancen und Möglichkeiten in die Gesellschaft zu tragen. Und die Personaler? Können sich eigentlich darüber freuen und diese – zugleich alten und neuen – Aufgaben einer höchst individuellen Führung und Kommunikation mit den Mitarbeitern (jeden Alters) engagiert in Angriff nehmen.