Der Vertrieb von Produkten erfolgt über unterschiedliche Kanäle, z.B. in Form von Händlern oder als Direktvertrieb in den Markt. Bei den jeweiligen Vertriebswegen kommen individuelle Konditionen und Vertragsbestandteile wie Rabatte, Boni sowie Zahlungs- und Lieferbedingungen bei der Gestaltung der Vertriebsbeziehung zum Einsatz. Die Zielsetzung des Vertriebsmanagement bei der oftmals aufwendigen Konzeption und Durchsetzung solcher „erforderlichen“ Erlösschmälerungen liegt darin, zum einen den eigenen Ertrag (cash in) zu optimieren, aber auch einen steuernden Einfluss auf die Marktbearbeitung der Handelspartner zu ermöglichen. Schließlich hat die Art und Weise, wie z.B. Händler ein Produkt positionieren, präsentieren und verkaufen einen enormen Einfluss auf den Erfolg des produzierenden und vertreibenden Herstellers. So sollen Vertriebspartner, welche einen überdurchschnittlichen Beitrag zum Erfolg des absetzenden Unternehmens (oft Markenhersteller oder sog. Hidden Champions) leisten, auch entsprechend überdurchschnittlich attraktive Konditionen erhalten.
Die Rechtsprechung setzt dieser Vorgehensweise jedoch enge Grenzen. Nicht alle Gestaltungsmöglichkeiten für Händlerkonditionen, welche denkbar und im Markt durchsetzbar sind, sind auch juristisch zulässig. Dabei wird von dieser Seite generell zwischen vertikaler und horizontaler Marktbeeinflussung unterschieden. Unternehmen werden vermehrt mit wettbewerbsrechtlichen Konsequenzen konfrontiert, wenn seitens des Kartellamts nachgewiesen werden kann, dass eine Ungleichbehandlung von Handelspartnern sachlich ungerechtfertigt war und ist. Unternehmen drohen hier empfindliche Geldstrafen und negative Wirkungen auf das Image sowie eine dauerhafte Schädigung der zum Teil langjährigen Handelsbeziehungen mit den betroffenen Partnern.
Risikominimierung: compliant und betriebswirtschaftlich fundiert!
Wesentlich für eine Reduktion dieses „juristischen“ Risikos ist es, die „Diskriminierungsfreiheit“ des eigenen Bewertungssystems und des darauf basierenden Konditionensystems sicherzustellen und vor allem zu dokumentieren. Kommt es zu einer Anzeige beim Kartellamt – im Regelfall durch einen Handelspartner, welcher sich benachteiligt fühlt – schafft ein Konditionensystem, das die Ausprägung der Konditionen für alle Handelspartner dokumentiert begründet, ein hohes Maß an Rechtssicherheit.
Denn wenn die Gründe für die individuelle Festlegung der Konditionen objektiv und nachvollziehbar offengelegt werden können, wird es zur Aufgabe der Gegenseite, in dieser Bewertung eine Ungleichbehandlung nachzuweisen. Dies wird in der Praxis – wenn nicht klar kartellrechtswidrige Aspekte in der durchgeführten Bewertung aufgezeigt werden können – äußerst schwierig werden.
Partnerbewertungssystem: Gestaltung und Umsetzung!
Wesentlich für die Wirksamkeit des Systems ist vor allem, möglichst frühzeitig damit anzufangen. Denn nur, wenn das Konditionensystem nachweislich schon dann im Einsatz war, wenn die vermeintliche Ungleichbehandlung in der Geschäftsbeziehung wirksam wurde, kann es ein angeklagtes Unternehmen entsprechend entlasten.
Ziel des Partner-Bewertungssystems und des abgeleiteten Konditionensystems ist eine Analyse der einzelnen „Online“- und „Offline“-Partner, aus der eine transparente Darstellung des Verhandlungsspielraums für den einzelnen Partner resultiert. Über ein systematisches Beurteilungssystem wird eine Gleichbehandlung der Handelspartner sicherstellt.
Hierfür müssen entsprechende Kriterien – bspw. in Bezug auf Präsentation, Beratung und Service – festgelegt werden, anhand deren bestimmt wird, in welchem Umfang der jeweilige Partner zum Erfolg des Herstellers beiträgt. Diese müssen so spezifiziert werden, dass sie eine greifbare Bewertung durch die Wissensträger im Unternehmen ermöglichen, aber eine Ungleichbehandlung schon qua Definition ausschließen. Die Unterschiede in den Konditionen entstehen somit nur aufgrund von unterschiedlichen Bewertungen der Partner innerhalb eines gleichbleibenden Systems. Die Bewertung kann bei Kontroversen jederzeit aufgezeigt und partnerspezifisch nachvollzogen werden.
Zur Sicherung einer objektiven Analyse und Bewertung, empfiehlt es sich, einen externen Moderator hinzuzuziehen, der zum einen den erstmaligen Bewertungsprozess als auch die regelmäßigen Aktualisierungen objektivierend begleitet und unterstützt.
Konditionensystem: Einsatz und Nutzen im Vertriebsmanagement
Durch ein rechtskonformes Konditionensystem wird eine objektivierte, diskriminierungsfreie Definition der Rabatte, Boni sowie Zahlungs- und Lieferbedingungen ermöglicht. Hierbei kann das Konditionensystem selbstverständlich nur Grenzwerte definieren, innerhalb welcher sich die Konditionsbestandteile eines Handelspartners bewegen müssen, um einerseits eine Diskriminierung auszuschließen sowie gleichzeitig den erzielten Preis und damit den Deckungsbeitrag nicht zu weit zu reduzieren.
Es obliegt also weiterhin dem Vertrieb, in der Verhandlung mit den Partner sowohl Verkaufspreise als auch Konditionen zu vereinbaren (Marktwirtschaft), welche im Spannungsfeld zwischen einem möglichst optimalen Deckungsbeitrag für das eigene Unternehmen und einer möglichst optimalen und nachhaltigen Geschäftsbeziehung mit dem Händler den richtigen Ausgleichspunkt finden.
Das Konditionssystem im Hintergrund stellt das Vertriebsmanagement jedoch jederzeit sicher, dass ein Maximum an Erlösschmälerungen nicht überschritten wird und die ausgehandelten Konditionen nicht von anderen Unternehmen dafür genutzt werden können, eine Ungleichbehandlung von Handelspartnern vor Gericht wirksam nachzuweisen.
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